Umzug / Renovierung /
Mietkaution
Die Links habe ich nach meinem damaligen laienhaften Verständnis zum
Zeitpunkt der Titelvergabe benannt. Die von mir selbst vergebenen Titel sind Grundlage dieser Auflistung. Die Links erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder richtige Zuordnung. Zwar
habe ich mich bemüht aussagefähige, richtige Titel zu vergeben. Doch eine Garantie dafür gebe ich nicht. Als ich alle Links umbenannte musste ich in jedes
einzelne Urteil reinschauen, es überfliegen und inhaltlich erfassen. Ich hoffe, das die Titel brauchbar sind.
Wichtiger Hinweis:
Der BGH hat am 18.03.2015 neue Urteile zur Auszugsrenovierung erlassen (VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13) und die Rechte der Mieter gestärkt.
Wurde die Wohnung unrenoviert übergeben ist bei Auszug keine Renovierung erforderlich. Zudem sind bei Auszug vor dem ersten Renovierungsintervall (z. B. Streichen nach z. B. 5 Jahren) keine
anteiligen Renovierungskosten bei Auszug zu erstatten.
28.11.2018, B 14 AS 31/17 R Mietkaution - monatliche Zwangstilgung
mit 10 % des Regelbedarfs zulässig
25.04.2018, B 14 AS 21/17 R Zusicherungserfordernis nur bei
Umzug mit vorherigem Vertrag, U25 -jähriger zieht zu
seiner Freundin in ALG-II-Haushalt, U25 Jähriger Alleinstehend, keine
Bedarfsgemeinschaft
10.08.2016, B 14 AS 58/15 R Telefon- und
Internetanschlusskosten, Nachsendeantrag und Bewirtung Helfer sind zu
übernehmende Umzugskosten
25.06.2015, B 14 AS 28/14 R Keine Aufrechnung der Tilgung von Mietkautionsdarlehen gegen Regelbedarf
06.08.2014, B 4 AS 37/13 R Übernahme Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten, Ablehnung ungültig, Ermessenspflicht
22.03.2012, B 4 AS 26/10 R
Tilgungsraten für Mietkautionsdarlehen, Aufrechnung unzulässig
24.11.2011, B 14 AS 15/11 R
Auszugsrenovierung, Unwirksamkeit Regelungen Mietvertrag, Kostensenkungsverfahren, Pflicht des
Jobcenters zur Hilfe bei der Rechtswahrnehmung
24.11.2011, B 14 AS 107/10 R Notwendigkeit
bzw. Erforderlichkeit Umzug, Höhere Kosten können angemessen sein
06.10.2011, B 14 AS 66/11 R
Ermittlung Wohnkosten, Auszugsrenovierung
06.10.2011, B 14 AS 152/10 R
Umzugskosten, Unfall bei Umzug, Selbstbehalt Vollkasko
06.04.2011, B 4 AS 5/10 R Umzug, abstrakte Zusicherung, kein Mietangebot
17.12.2009, B 4 AS 27/09 R Ermittlung Wohnkosten, Anforderungen an schlüssiges Konzept, Zumutbarkeit Umzug
06.05.2010, B 14 AS 7/09 R Umzugskosten, fehlende Reaktion und dadurch fehlende Zusicherung der
Umzugskosten,
treuwidrige Verzögerung des Trägers
01.07.2009, B 4 AS 77/08 R Sonderbedarf, Wohnungserstausstattung, unbrauchbare Möbel, zu übernehmende
Umzugskosten
16.12.2008, B 4 AS 49/07 R Einzugsrenovierung
06.08.2014, B 4
AS 37/13 R
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Zwar setzt
die Leistungserbringung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit
1.1.2011 § 22 Abs 6 SGB II) eine vorherige Zusicherung voraus. Liegt sie vor, können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten durch den bis zum Umzug
örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen
kommunalen Träger übernommen werden. Nach S 2 dieser Regelung (in der hier maßgeblichen
Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) soll die Zusicherung erteilt werden,
wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen
Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Zusicherung stellt einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von §§ 31, 34 SGB X dar (BSG
Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - SGb 2011, 325 f, juris RdNr 13; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 24). Mit Abgabe der Zusicherung
verpflichtet sich der Beklagte, einen Bescheid über die Übernahme der Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten / Mietkaution in einer bestimmten Höhe zu
erteilen. Hat der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch bereits durchgeführt und die in § 22 Abs
3 SGB II aF benannten Aufwendungen getätigt, hat er seinen Bedarf insoweit selbst gedeckt und eine vorherige Zusicherung durch den Leistungsträger hat sich
überholt. Vergleichbar einem Sachleistungsanspruch, der bereits durch den Leistungsberechtigten befriedigt worden ist, kann sich der Anspruch aus § 22 Abs 3 SGB II
auf die Zusicherung dann in einen Kostenerstattungsanspruch umwandeln. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in
Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG
vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8, juris RdNr 36; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R juris RdNr 21; Grube,
Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen die Voraussetzungen hierfür vor, kann das Begehren auch im Anwendungsbereich des SGB II zulässig auf Erstattung der
Aufwendungen in Geld gerichtet werden (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, juris RdNr 21).
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a)
Das Kostenerstattungsbegehren wegen der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Aufwendungen
kann hier nur dann zum Erfolg führen, wenn der Beklagte die Erteilung einer vorherigen Zusicherung und damit einer Zusage der Leistungsgewährung auf einen vor der
Durchführung des Umzugs von der Klägerin gestellten Antrag rechtswidrig durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010
und vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt hat. Dann kann dem Leistungsberechtigten - insoweit wird auch das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II festzustellen sein - die Substitution durch Selbstbeschaffung wegen der Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht
entgegengehalten werden (vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 20; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 §
23 Nr 13 juris RdNr 23; für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 juris RdNr 11; BVerwG vom 30.4.1992 - 5 C 12/87,
BVerwGE 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten war ein Antrag auf Zusicherung der Übernahme der in § 22 Abs 3
S 1 SGB II benannten Aufwendungen vor dem Abschluss des Mietvertrags für das Haus nicht erforderlich. Die mit dem Umzug verbundenen Aufwendungen können von dem
Leistungsberechtigten im Regelfall erst vor dem unmittelbar bevorstehenden Umzug konkretisiert werden, sodass auch erst dann dem Beklagten eine Entscheidung nach §
22 Abs 3 SGB II im Hinblick auf die Übernahme dem Grunde und der Höhe nach möglich ist (vgl zur Konkretisierung der Unterkunftskosten bei einer
Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - juris RdNr 17). Auch
ist die Erteilung einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II nicht Voraussetzung für die Übernahme der Aufwendungen iS des § 22 Abs 3 SGB II.
Dies folgt aus dem Regelungsgefüge des § 22 Abs 1 bis 3 SGB II sowie dem Tatbestand des § 22 Abs 3 SGB II selbst. § 22 Abs 2 SGB II regelt nur die Zusicherung der
Leistungserbringung iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II für die neue Unterkunft durch den Leistungsträger. Damit soll dem Leistungsberechtigen eine Planungssicherheit im
Hinblick auf die Erbringung der Unterkunftsaufwendungen durch den Beklagten gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II verschafft und eine auf Dauer angelegte Notlage bei nur
teilweiser Anerkennung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft als Bedarf vermieden werden (BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr
19). Die Entscheidung über Leistungen, die mit dem Umzug im Zusammenhang stehen, ist vom Leistungsträger jedoch unabhängig hiervon zu treffen. Sie können nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II auch im Falle der abstrakten Unangemessenheit der Kosten der neuen
Unterkunft erbracht werden (s unter d). Umgekehrt ist der Leistungsträger nicht verpflichtet, iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II die
Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten sowie die Mietkaution zu übernehmen, wenn die neue Unterkunft abstrakt unangemessen teuer ist (s unter c, aa).
Einer der Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II vorgeschalteten Zusicherung iS des § 22 Abs 2 SGB II bedarf es daher nicht.
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b) Eine Übernahme von
Aufwendungen, die der Klägerin durch den Umzug entstanden sind, kommt nur in Betracht, wenn es sich bei den Aufwendungen um solche zur Wohnungsbeschaffung, des
Umzugs oder um eine Mietkaution handelt.
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Ob hier überhaupt
Aufwendungen für eine Mietkaution angefallen sind, erschließt sich dem Senat auch aus dem Antrag der Klägerin nicht. Dies gilt ebenso für die "Wohnungsbeschaffungskosten". Sollten solche entstanden sein, wird das LSG zu beachten haben, dass der
Begriff der "Wohnungsbeschaffungskosten" nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats weit auszulegen ist, begrenzt durch den Wortlaut (vgl nur BSG
Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 13). Wohnungsbeschaffungskosten sind daher nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG Urteil
vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 15). Umzugskosten hat die Klägerin
hingegen als Aufwendung im Antrag benannt, wenn sich auch nicht ergibt, ob und ggf in welcher Höhe insoweit tatsächlich Kosten entstanden sind. Übernahmefähige Umzugskosten sind auf die Kosten des Umzugs im engeren Sinn begrenzt. Als Umzugskosten
kommen nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere die Aufwendungen für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und
Verpackungsmaterial (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 7) sowie Sperrmüllentsorgung in Betracht (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37 - juris RdNr
19).
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c) Sollten Aufwendungen der zuvor benannten Art beziffert werden können, wäre der Beklagte jedoch nur dann
zu ihrer Erstattung verpflichtet, wenn ein Regelfall des § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF gegeben ist. Nur in den zwei dort benannten typischen Fällen ist das
Ermessen des Beklagten gebunden und auf Null reduziert.
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Nach § 22 Abs 3 S 2 SGB II
aF soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst (bb) oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die
Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (cc). Als Soll-Vorschrift ist diese Norm Ausdruck eines Regelermessens, dh
der Leistungsträger hat die Zusicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS
7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14). Ein Ermessen wird ihm dagegen erst
eröffnet, wenn eine vom Regelfall abweichende atypische Fallkonstellation vorliegt. Voraussetzung möglicher gebundener Ansprüche ist insoweit allerdings stets,
dass sich die neuen Unterkunftskosten in den Grenzen der abstrakten Angemessenheit halten (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR
4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 15) (aa).
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aa) § 22 Abs 3 S 2 SGB II ist eingebunden in das System des § 22 Abs 1 SGB II. Ohne die Sonderregelung in § 22
Abs 3 S 2 SGB II wären die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers durchgeführt wird oder sonst notwendig ist, bereits als Kosten der Unterkunft von
§ 22 Abs 1 S 1 SGB II umfasst. Daraus folgt, dass ein Umzug in eine kostenunangemessene Unterkunft weder vom kommunalen Träger veranlasst noch sonst
notwendig kann sein. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II wären zudem, wenn tatsächlich keine
kostenangemessene Unterkunft vorhanden ist, weiterhin die tatsächlichen Kosten für die bisherige Unterkunft zu übernehmen. Damit bestünde bereits keine
konkrete Veranlassung oder Notwendigkeit zu einem Auszug aus der bisherigen Unterkunft (zum Erfordernis der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten vgl
Piepenstock in juris-PK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 22 RdNr 178; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 164; von diesem Erfordernis geht auch Lauterbach in
Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 123 aE aus). Auf Grundlage der Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht auf die An- oder Unangemessenheit
der Unterkunftsaufwendungen der Klägerin für das zum 1.4.2010 bezogene Haus in A zu erkennen.
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Ferner sind die abstrakt
angemessenen Unterkunftskosten im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann,
wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweist. Eine isoliert betrachtete unangemessene Wohnungsgröße ist dabei unschädlich, es genügt, dass das Produkt
aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den
Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr
72; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19). Die Mietobergrenze ist auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes zu
ermitteln (vgl nur BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 17 ff). Sofern das LSG davon ausgeht, dass
der Mietspiegel der Stadt A kein schlüssiges Konzept darstelle (zur Problematik der Eignung von Mietspiegeln zur Bestimmung der Referenzmiete vgl BSG vom
10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; s auch S. Knickrehm, JM 2014, 337, 341 ff),
hat es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zunächst den Beklagten aufzufordern, in Ausübung
seiner prozessualen Mitwirkungspflicht aus § 103 S 1 Halbs 2 SGG dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen
des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen, um eine Erarbeitung eines schlüssigen Konzeptes zu ermöglichen. Erst
wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des Gerichts erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen
Unterkunftskosten mehr treffen lassen, somit ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, ist grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen
auszugehen, die ihrerseits durch die Tabellenwerte zu § 8 bzw § 12 WoGG - jeweils zzgl eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 % (vgl BSG Urteil vom
12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 25 ff) - nach oben begrenzt sind. Die Frage, ob sich anhand vorgelegter Daten ein schlüssiges
Konzept entwickeln lässt, kann ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausfall lokaler Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, offen bleiben. Dies haben beide für die
Grundsicherung zuständigen Senate des BSG wiederholt betont (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 juris RdNr 14 f; BSG
Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr
17).
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bb) Vom Regelfall der
Veranlassung durch den kommunalen Träger ist auszugehen, wenn der Umzug zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft geboten ist. Es muss sowohl der
Auszug aus der bisherigen Unterkunft als auch der Einzug in die konkrete neue Wohnung vom kommunalen Träger veranlasst sein (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14
AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 15). Eine Veranlassung des Auszugs zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft ist
etwa im Falle einer Kostensenkungsaufforderung anzunehmen. Dem Senat ist eine abschließende Beurteilung hierzu jedoch nicht möglich, denn aus den Feststellungen
des LSG ergibt sich nicht hinreichend, ob die Klägerin einer Kostensenkungsaufforderung des Beklagten ausgesetzt war.
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cc) Eine Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen kann bestehen, wenn der Auszug von anderer Seite als
durch den kommunalen Träger veranlasst wurde, wie es etwa bei einer auf die Bundesagentur für Arbeit zurückgehenden Eingliederungsmaßnahme der Fall wäre
(vgl hierzu BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 17). Eine
Notwendigkeit des Auszuges ist ferner bei einer Kündigung oder Räumungsklage des Vermieters gegeben. Das LSG wird ggf hierzu
weitere Feststellungen zu treffen haben.
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Soweit § 22 Abs 3 S 2 SGB
II ferner kumulativ vorsieht, dass ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, ist dies auf die Zukunft
gerichtet und spielt für einen abgelaufenen Zeitraum, wenn sich der Anspruch auf die Zusicherung in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat, keine Rolle
mehr. Die
Zusicherung ist dann insoweit überholt.
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Liegt ein Regelfall iS des
§ 22 Abs 3 S 2 SGB II vor und bewegen sich die Aufwendungen für die neue Unterkunft unterhalb der Grenze der abstrakten Angemessenheit, hat die Klägerin einen
Kostenerstattungsanspruch in Höhe der "angemessenen" Kosten für Wohnungsbeschaffung, Umzug und/oder Mietkaution. Wie dargestellt, sind gebundene
Ansprüche im Rahmen von § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF der Höhe nach - systematisch im Zusammenhang mit § 22 Abs 1 S 1 SGB II - auf die Angemessenheit begrenzt. Im
Hinblick auf die Umzugskosten gilt hier zu beachten, dass im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems der Leistungsberechtigte grundsätzlich
gehalten ist, einen Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Wenn der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher
Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, so der 14. Senat des BSG, ist auch die Übernahme der
Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht zu ziehen (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris
RdNr 19).
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d) Sollte das LSG in
Anwendung der genannten Maßstäbe zu dem Ergebnis gelangen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die neue Unterkunft abstrakt unangemessen sind oder zwar abstrakt
angemessen, jedoch keiner der beiden Regelfälle des § 22 Abs 3 S 2 SGB II gegeben ist, wird es zu klären haben, ob die Ablehnung der Zusicherung durch den Beklagten in den angefochtenen Bescheiden unter pflichtgemäßer
Ermessensausübung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF erfolgt ist. Denn wenn kein Regelfall anzunehmen ist, liegt ein atypischer Fall nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF vor,
welcher vom Beklagten eine Ermessensentscheidung verlangt. Das Gesetz eröffnet den Leistungsträgern durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF allgemein die
Möglichkeit, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sowie eine Mietkaution auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug nicht vom Leistungsträger veranlasst oder sonst
erforderlich ist und/oder die Mietaufwendungen für die neue Unterkunft die abstrakte Angemessenheitsgrenze überschreiten. Der Anspruch der Klägerin ist in diesem Fall auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung
gerichtet. Das LSG unterliegt insoweit einem Fehlverständnis der Systematik von § 22 Abs 3 SGB II aF, wenn es annimmt, die Erteilung einer Zusicherung sei in jedem
Fall - sowohl nach S 2 als auch nach S 1 - nur bei Umzug in eine kostenangemessene Unterkunft möglich. Der Anwendungsbereich von § 22 Abs 3 S 1 SGB II
aF geht darüber hinaus. Dem Leistungsträger wird durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF sowohl bezüglich des "Ob" als auch des "Wie" der Leistungserbringung Ermessen
eingeräumt.
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Die streitgegenständlichen
Bescheide lassen eine Ermessensausübung nicht erkennen, sie sind bereits aufgrund eines Ermessensnichtgebrauchs materiell rechtswidrig und müssten durch das LSG
aufgehoben werden (§ 54 Abs 2 SGG; vgl BSG Urteil vom
6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), es sei denn, das LSG würde im Hinblick auf eine ablehnende Entscheidung zu einer
Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null gelangen. Dem erkennenden Senat mangelt es jedoch auch hier an ausreichenden Feststellungen des LSG, um die Sach- und
Rechtslage abschließend beurteilen zu können.
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Im Falle der Aufhebung der
streitgegenständlichen Bescheide und der Verpflichtung des Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden (§ 131 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGG), wird dieser bei einer neuen Entscheidung die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen haben.
Als Ermessensgesichtspunkte sind hierbei grundsätzlich die Umstände einzubeziehen, die zum
Auszug geführt haben, aber auch absehbare zukünftige Entwicklungen, wie zB Kostensenkungsbemühungen des Leistungsberechtigten iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB
II, die nach erfolgreicher Durchführung die Aufwendungen für die neue Unterkunft zumindest zeitweilig auf ein konkret angemessenes Maß reduzieren. Insoweit wird
ggf die von der Klägerin behauptete Untervermietung eines Stellplatzes auf dem von ihr angemieteten Hausgrundstück (vgl hierzu BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06
R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R
- BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, juris RdNr 19) auf ihre kostensenkende Wirkung bei den Unterkunftskosten zu untersuchen sein.
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06.05.2010, B 14
AS 7/09 R Umzugskosten, fehlende Reaktion und dadurch fehlende Zusicherung der Umzugskosten
12
1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran,
dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG
hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw
Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide
Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.
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Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn
eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist(vgl Berlit in LPK-SGB
II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides
aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme
der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005
nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die
vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar
rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht
entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als
treuwidrig einzustufen ist.
14
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom
Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus
anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die
"angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung
des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG
bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des
§ 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der
Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst
oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten (wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.
Wenn der Umzug notwendig war müssen auch beim
Umzug beschädigte Möbel vom Grundsicherungsträger erstattet werden:
B 4 AS 77/08 R
vom 01.07.2009 Sonderbedarf, Wohnungserstausstattung, unbrauchbare Möbel, zu übernehmende Umzugskosten
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Zwar handelt es sich im
vorliegenden Fall, wenn man allein vom Wortlaut ausgeht, nicht um eine Erstausstattung der Wohnung der Klägerin. Die Klägerin hatte ihre frühere Wohnung bereits mit einem Bett und einem Schrank
ausgestattet. Vorliegend geht es vielmehr um eine Ersatzbeschaffung. Der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung sind jedoch
wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine
angemessene Wohnung unbrauchbar werden. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Sinn und Zweck der Norm, sondern mit hinreichender Bestimmtheit auch aus den Motiven des Gesetzgebers.
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Die Vorschrift des §
23 Abs 3 Satz 1 SGB II ist erst auf
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16.12.2003 (BT-Drucks 15/2259 S 3) in das SGB II aufgenommen worden. In der Begründung des Gesetzentwurfs zu der entsprechenden Vorschrift im
SGB XII wird auf die frühere Regelung des § 21 Abs 1a Bundessozialhilfegesetz Bezug genommen und angeführt, dass Erstausstattungen für Wohnungen zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung
nach einer Haft in Betracht kommen (BT-Drucks 15/1514 S 60). Hierauf abstellend ist das LSG zu der Auffassung gelangt, dass etwa die Erstanmietung nach einer Haft oder nach einem Wohnungsbrand
einen erneuten Bedarfsanfall darstelle, der ausnahmsweise als Sonderbedarf zu berücksichtigen sei, nicht jedoch Fälle des Unbrauchbarwerdens von Möbel bei einem Umzug (vgl dazu auch Hengelhaupt,
aaO, RdNr 66). Gegen eine derart enge Auslegung der Norm spricht bereits, dass die genannten Fälle der Haftentlassung oder eines Wohnungsbrandes in der Gesetzesbegründung nur beispielhaft erwähnt
wurden und damit Situationen beschrieben werden, bei denen es gerade nicht um die erstmalige Ausstattung einer Wohnung überhaupt, sondern um eine Ersatzbeschaffung schon früher vorhandener
Gegenstände geht. Jedenfalls der Wohnungsbrand steht für Konstellationen, bei denen Leistungen für einen erneuten Bedarfsanfall gewährt werden können. Wie das BSG bereits entschieden hat, kommt § 23Abs 3 Satz 1 SGB II auch dann
zur Anwendung, wenn es nicht um die komplette Erstausstattung einer Wohnung, sondern nur um die Beschaffung einzelner Gegenstände geht (BSG, Urteil vom 19.9.2008 -
B 14 AS 64/07 R), wie dies zB der Fall sein kann, wenn
sich Ehegatten trennen und den gemeinsamen Hausrat aufteilen.